Grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen
Notwendigkeit und Hindernisse einer Rechtsangleichung in der Europäischen
Union
1. Einleitung
Die Möglichkeit, die Rückzahlung eines Darlehens durch
die Belastung eines Grundstücks zu sichern ist im Grundsatz
von allen europäischen Rechtsordnungen anerkannt. Allerdings
weist die Ausgestaltung der im deutschen Rechtskreis sogenannten
„Grundpfandrechte“ in den einzelnen Ländern zum
Teil erhebliche Besonderheiten auf, die grenzüberschreitende
Geschäfte in diesem Bereich behindern. Im Folgenden wird versucht
in einem Überblick darzustellen, inwieweit eine Rechtsangleichung
innerhalb eines europäischen Binnenmarktes aus Sicht der Verbraucher
in Deutschland wünschenswert und möglich ist. Zu diesem
Zweck werden zunächst das System der Grundpfandrechte in Deutschland
vorgestellt (2.), daran anschließend bedeutende Abweichungen
in anderen Mitgliedstaaten der EG erläutert (3.) und Probleme
aufgezeigt, die sich aus Sicht der deutschen Verbraucher im Zusammenhang
mit grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen gezeigt haben (4.).
Die Ausführungen werden mit einem Fazit abgeschlossen (5.).
2. Das System der Grundpfandrechte in Deutschland
Die Grundpfandrechte haben in Deutschland eine lange Tradition und
sind gesetzlich als Bestandteil der grundlegenden Kodifikation des
deutschen Privatrechts, dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) aus
dem Jahre 1900, geregelt (§§ 1113ff.). In den letzten
Jahren ist dieses Gesetzbuch, vor allem nach Maßgabe europarechtlicher
Vorgaben in weiten Teilen reformiert worden. Die Regelungen zu den
Grundpfandrechten sind von diesen Änderungen jedoch nicht nennenswert
betroffen. Insbesondere die Richtlinien, die im deutschen Recht
zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes im europäischen
Wirtschaftsraum umzusetzen waren, sind im BGB im Recht der Schuldverhältnisse
berücksichtigt worden.
a) Grundpfandrechte
Der Begriff des Grundpfandrechts findet sich im BGB nicht, hat sich
aber im juristischen Sprachgebrauch als zusammenfassende Bezeichnung
für die im Gesetz ausdrücklich genannten und geregelten
Rechtsinstitute der Hypothek (BGB §§ 1117ff.) und der
Grundschuld (BGB §§ 1191ff.) herausgebildet. Die im selben
Abschnitt als Unterfall der Grundschuld genannte Rentenschuld (BGB
§§ 1199ff.) hat praktisch keine Bedeutung und wird daher
hier vernachlässigt. Praktisch von Bedeutung ist der Umstand,
dass bei der Belastung eines Grundstückes (zur Sicherung einer
Darlehensrückzahlung) prinzipiell zwischen Hypothek und Grundschuld
gewählt werden kann. Gemeinsam ist diesen beiden Rechten erstens,
dass ihr Bestehen - wegen des im deutschen Recht geltenden (Trennungs-
und) Abstraktionsprinzips - vom Bestehen einer Verpflichtung zur
Bestellung des Rechtes unabhängig ist. Zweitens kann sowohl
der Inhaber einer Hypothek (vgl. BGB § 1147) als auch der Inhaber
einer Grundschuld (vgl. BGB §§ 1147, 1192) das betreffende
Grundstück im Wege der Zwangsvollstreckung verwerten und damit
zum Beispiel einen Rückzahlungsanspruch aus einem Darlehen
realisieren. Gegenüber anderen Gläubigern, die ebenfalls
in das Grundstück vollstrecken können, aber kein Grundpfandrecht
an dem Grundstück haben, wird er dabei nach den Bestimmungen
des Zwangsvollstreckungs und Insolvenzrechts bevorzugt behandelt
(vgl. § 10 Gesetz über die Zwangsversteigerung [ZVG] und
§ 49 Insolvenzordnung [InsO]). Der praktisch bedeutsame Vorteil
der Grundpfandrechte besteht also darin, dass der Erlös aus
der Verwertung des Grundstückes für den Inhaber des Grundpfandrechts
gewissermaßen „reserviert“ ist. Die Hypothek unterscheidet
sich von der Grundschuld durch die so genannte „Akzessorietät“.
b) Akzessorietät
Die Definitionen von Hypothek und Grundschuld im Gesetz (BGB §§
1113, 1191) sind nahezu gleichlautend. Sie unterscheiden sich allein
dadurch, dass die Hypothek „zur Befriedigung wegen einer ihm
[dem Hypothekengläubiger] zustehenden Forderung“ (BGB
§ 1113) bestellt wird. Die damit beschriebene Bindung der Hypothek
an eine bestimmte Forderung nennt man Akzessorietät. Praktisch
bedeutet dies, dass die zur Sicherung einer Darlehensrückzahlung
bestellte Hypothek nur besteht, wenn und solange gleichzeitig ein
rechtswirksamer Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens besteht
(vgl. BGB §§ 1163, 1170) - also jedenfalls dann nicht
(mehr), wenn das Darlehen zurückgezahlt ist. Umstritten ist,
ob der Darlehensgeber auch dann aus der für ihn bestellten
Hypothek vorgehen darf, wenn das Darlehen zwar ausgezahlt, der Darlehensvertrag
aber widerrufen wurde oder aus sonstigen Gründen nicht rechtswirksam
ist (näher: Baur/Stürner § 37/47ff.). Die Grundschuld
besteht demgegenüber unabhängig von einer etwaigen gesicherten
Forderung. Entsprechend bestimmt BGB § 1192, dass nur die Bestimmungen
des Hypothekenrechts anwendbar sind, die keine Forderung voraussetzen.
Damit ist der Inhaber der Grundschuld (Darlehensgeber) prinzipiell
ohne weiteres und jederzeit zur Verwertung des Grundstücks
berechtigt. Zwar wird auch bei der Bestellung einer Grundschuld
im Rahmen einer Sicherungsabrede meist vertraglich vereinbart, dass
der Darlehensgeber sein Verwertungsrecht nur zu bestimmten Zwecken,
z.B. zur Realisierung der Darlehensrückzahlung, ausüben
darf. Der dadurch vermittelte Schutz des Eigentümers läuft
aber oftmals leer, wenn die Grundschuld auf einen Dritten übertragen
wird, der durch die Sicherungsabrede nicht gebunden ist. Darüber
hinaus besteht insbesondere bei den deutschen Kreditinstituten eine
Tendenz die den Darlehensnehmern angebotenen Sicherungsabreden so
weit zu fassen, dass alle künftigen Forderungen mit der Grundschuld
gesichert sind. Diese Praxis ist von der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes
(BGHZ 101, S. 29) nur in dem Fall beanstandet worden, in dem der
Grundstückseigentümer eine Grundschuld zur Sicherung einer
fremden Schuld bestellt hatte. Vor diesem Hintergrund erklärt
sich, dass der akzessorische Charakter der Hypothek von den Banken
in Deutschland überwiegend als (vergleichsweise) nachteilig
empfunden wird und Darlehen praktisch fast ausschließlich
gegen das Versprechen einer Grundschuld gewährt werden.
c) Bestellung und Übertragung von Grundpfandrechten
Zur wirksamen Bestellung eines Grundpfandrechtes reicht es nach
den Grundsätzen des deutschen Sachenrechts nicht aus, dass
sich Eigentümer und Erwerber einigen. Hinzutreten muss ein
sogenannter Publizitätsakt, der den Bestand und den Inhaber
des Rechts für die Öffentlichkeit erkennbar macht und
auch einen gutgläubigen Erwerb ermöglicht. Für Rechte
an Grundstücken wird zu diesem Zweck bei den Amtsgerichten
ein Grundbuch geführt, welches das Eigentum und eventuelle
Belastungen dokumentiert. Die Eintragung der Hypothek oder der Grundschuld
in dieses Grundbuch ist konstitutiv (BGB § 873). Dasselbe gilt
prinzipiell auch für die Übertragung dieser Rechte. Allerdings
werden die Grundpfandrechte regelmäßig verbrieft (vgl.
BGB §§ 1116 [1192]). Die Übergabe des Hypotheken-
oder Grundschuldbriefes ersetzt in diesen Fällen die Eintragung
der Rechtsübertragung im Grundbuch.
3. Vergleich mit anderen Staaten der Europäischen Union
Von den dargestellten Grundsätzen des deutschen Rechts unterscheiden
sich die Regelungen in anderen Staaten der EU zum Teil erheblich
(vgl. v. Bernstorf, RIW 1997, S.181f.). Zu berücksichtigen
ist in diesem Zusammenhang nicht nur das dem deutschen Recht eigene
Abstraktionsprinzip. Ganz wesentlich ist der Umstand, dass in fast
allen Staaten der EU nur ein der Hypothek vergleichbares (akzessorisches)
Grundpfandrecht anerkannt ist. Ganz anders als in der deutschen
Rechtspraxis ist das Grundpfandrecht also aufs Engste mit dem zu
sichernden Rückzahlungsanspruch verknüpft. Das zeigt sich
z.B. beim englischen „mortgage“, der französischen
„hypothèque conventionelle“ (Code Civil Art.
2124ff) oder auch im portugiesischen Recht (Art. 686 Código
Civil). Nicht selten ist das Grundpfandrecht in anderen Ländern
auch befristet, kann also – vorbehaltlich einer förmlichen
Verlängerung - nur innerhalb eines bestimmten Zeitraums, z.B.
10 Jahre (Finnland) oder 20 Jahre (Italien), ausgeübt werden.
Bedeutsame Unterschiede zeigen sich schließlich auch im Bereich
des formellen Rechts. Zum einen sind die in anderen Ländern
für Grundstücke geführten Register dem deutschen
Grundbuch nicht in jedem Fall vergleichbar. Dies zeigt sich vor
allem daran, dass die Eintragung in das Register teilweise gar keine
rechtliche Wirkung hat (so etwa in Portugal oder Luxemburg) und
teilweise nur bei einem gutgläubigen Erwerb von Bedeutung ist
(so etwa in Frankreich). Zum anderen ist auch die Übertragung
des Rechts mit Hilfe eines Briefes in den meisten europäischen
Ländern nicht möglich. Vor diesem Hintergrund wird deutlich,
dass eine Harmonisierung der Grundpfandrechte im europäischen
Wirtschaftsraum sinnvoll nur möglich ist, wenn die betreffenden
Staaten bereit sind, sehr weitreichende Eingriffe in die eigene
Rechtsordnung zuzulassen bzw. vorzunehmen.
4. Probleme bei grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen
Praktisch spielt das grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen aus
Sicht der Verbraucher eine herausragende Rolle bei der Immobilienfinanzierung.
Man kann sogar sagen, dass den allermeisten Verbrauchern der Erwerb
eines Grundstücks (eines Eigenheims) erst dadurch möglich
wird, dass das deutsche Recht die Belastung des gewünschten
Objektes mit einem Grundpfandrecht zulässt. Die Abwicklung
des Geschäftes ist indes nicht selten problematisch. Dies wird
im Folgenden anhand von zwei für diesen Bereich repräsentativen
Beispielen erläutert. Besprochen werden das Problem der Vorfälligkeitsentschädigung
und der verbundenen Vertrage.
a) Vorfälligkeitsentschädigung
Darlehen zur Immobilienfinanzierung werden häufig langfristig
zu einem festen Zinssatz gewährt. Wird das zur Tilgung des
Darlehens erforderliche Kapital am Markt nach Abschluss des Vertrages
zu günstigeren Konditionen angeboten, ist eine Umschuldung
aus Sicht des Darlehensnehmers (Verbrauchers) wirtschaftlich sinnvoll.
Eine Umschuldung setzt allerdings voraus, dass das langfristig gewährte
Darlehen durch den Darlehensnehmer vorzeitig kündbar ist. Dies
ist nach den gesetzlichen Regelungen bei grundpfandrechtlich gesicherten
Darlehen grundsätzlich erst nach Ablauf von zehn Jahren möglich
(vgl. BGB § 489/1). Trotzdem hat der Bundesgerichtshof (BGHZ
136, 161) sich vor einigen Jahren dafür ausgesprochen, dass
unter besonderen Umständen gegen Zahlung einer sogenannten
„Vorfälligkeitsentschädigung“ (vgl. Reifner,
NJW 1995, 2945) die Aufhebung des Vertrages verlangt werden kann.
Dieser Gedanke ist nun auch vom Gesetzgeber aufgegriffen worden
und in BGB § 490 ausdrücklich als außerordentliches
Recht zur Kündigung geregelt. Problematisch bleibt aber zweierlei.
Zum einen besteht Unsicherheit hinsichtlich der Frage, ob im Einzelfall
solche besonderen Umstände vorliegen. Zum anderen birgt die
Höhe der zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung
ein erhebliches Konfliktpotential zwischen Banken und Verbrauchern.
Es liegt auf der Hand, dass die Höhe der verlangten Entschädigung,
dass Kündigungsrecht für den Darlehensnehmer letztlich
wertlos machen kann.
b) Verbundene Verträge
Durch die zum Schutz der Verbraucher erlassenen Vorschriften zum
Verbraucherdarlehen ist im Bereich des Darlehensrechts ein gewisses
Schutzniveau erreicht (vgl. dazu die Ausführungen zum Thema
„Verbraucherdarlehen“ [Nr.2 ]). Die Verbraucher sollen
danach insbesondere vor einer übereilten, aber wirtschaftlich
sehr weitreichenden Entscheidung bewahrt werden und deshalb eröffnet
BGB § 495 die Möglichkeit, einen Darlehensvertrag zu widerrufen.
Eine solche Situation ist zweifellos dann gegeben, wenn ein Verbraucher
zur Finanzierung einer Immobilie einen Darlehensvertrag abschließt.
Ein solcher Vertrag ist für die allermeisten Verbraucher ein
in dieser Größenordnung einmaliges Geschäft. Es
ist deshalb besonders erstaunlich, dass der über BGB §
495 oder andere Widerrufsrechte vermittelte Schutz ausgerechnet
in diesem Fall praktisch leer läuft. Hintergrund dessen ist
der Umstand, das der Verbraucher sich in diesen Fällen in zwei
Richtungen verpflichtet. Erstens verpflichtet er sich gegenüber
dem Verkäufer der Immobilie und zweitens gegenüber der
den Kauf finanzierenden Bank. Hier ist offensichtlich, dass der
Widerruf des Darlehensvertrages den Verbraucher vor einer übereilten
Entscheidung nur dann schützen kann, wenn er nicht verpflichtet
bleibt, den Kaufpreis zu zahlen. Besteht zwischen Verkäufer
und Bank ein wirtschaftlicher Zusammenhang, z.B. weil der Verkäufer
den Kontakt mit der Bank vermittelt hat oder umgekehrt, spricht
man von „verbundenen Verträgen“. Immerhin für
solche Fälle sieht BGB § 358 im Allgemeinen vor, dass
nach einem Widerruf des Darlehensvertrages auch die Verpflichtungen
gegenüber dem Verkäufer entfallen. Selbst dieser Schutz
soll jedoch nach BGB § 491/3 offenbar nicht gelten, wenn das
Darlehen gegen die Bestellung eines Grundpfandrechts ausgezahlt
wird. Unglücklicherweise hat der Bundesgerichtshof (vgl. Urteil
v. 9.4.2002 – XI ZR 91/99) bisher auch noch keinen Anlass
gesehen, dieses unbefriedigende Ergebnis im Sinne eines effektiven
Verbraucherschutzes zu lösen (vgl. Hoffmann, ZIP 2002, 1066).
5. Fazit
Nach diesem Überblick zeigt sich, dass die Probleme im Bereich
der grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen zuvörderst Probleme
des Darlehensrechts sind. In diesem Bereich, vor allem bei der Immobilienfinanzierung,
verdienen die Verbraucher Schutz. Die Modalitäten der Darlehenssicherung
scheinen demgegenüber, jedenfalls aus der Sicht des deutschen
Rechts, nachrangig. Insbesondere die Regelungen zu den Grundpfandrechten
lösen nach deutschem Recht Konflikte zwischen mehreren Gläubigern
desselben Schuldners und können dem bei der Immobilienfinanzierung
typischen Schutzbedürfnis der Darlehensnehmer gegenüber
den Banken nur sehr eingeschränkt Rechnung tragen. Dementsprechend
kann eine Harmonisierung der Grundpfandrechte zur Verbesserung der
Situation in Deutschland prinzipiell wenig beitragen. Allerdings
ist die im deutschen Recht anerkannte (nicht akzessorische) Grundschuld
für die Verbraucher vergleichsweise nachteilig. Diese Form
der Sicherung trägt die Gefahr einer Übersicherung gewissermaßen
in sich. Und das gleiche gilt für die seit einigen Jahren zur
Ermöglichung eines europäischen Kapitalmarktes diskutierte,
ebenfalls nicht akzessorische sogenannte „Eurohypothek“
(vgl. Wachter, WM 1999, S. 49ff.). Vor dem Hintergrund dieser Diskussion
scheint aus der Sicht der Verbraucher eine Annäherung des deutschen
Rechts an die ausschließlich akzessorische Sicherung zweifellos
vorzugswürdig.
Literatur:
Baur/Stürner, Sachenrecht, 17. Auflage, München 1999
v. Bernstorff, Das Hypothekenrecht in den EU-Staaten, Recht der
internationalen Wirtschaft (RIW) 1996, S.181f.
Hoffmannn, Haustürwiderruf bei Realkrediten und verbundenes
Grundstücksgeschäft, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
(ZIP) 2002, 1066
Reifner, Schadensbegriff und Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung,
Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1995, 2945
Wachter, Die Eurohypothek, Wertpapiermitteilungen (WM) 1999, S.
49ff.
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